WILU's Reisen
Die grosse Reise zur Elfenbeinküste

Teil 10

Auf der Tanezrouft-Piste nach Norden,
und geruhsamer Ausklang in Spanien
26.4. - 13.7.83

 (Reiseroute Teil 10)

 

Bald liegt vor uns die gefürchtete "Marcouba", ein hügeliges, mit Schafsgras bewachsenes weiches Sandfeld. Über diesen mehrere Kilometer langen Abschnitt haben wir schon die tollsten Geschichten gehört, so dass wir davor einigen Respekt haben. Wir bleiben stehen, beobachten die Szenerie mit dem Fernglas. Dann lasse ich, wie gewohnt, an den Reifen Luft ab, und fahre dann in weitem Bogen westlich um das Sandfeld herum. Doch auch hier ist der Sand stellenweise sehr weich, und zweimal sind wir kurz vor dem Steckenbleiben, kommen aber immer noch weiter.

Der Land Rover folgt natürlich ohne Probleme, aber Fred hat augenscheinlich mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Am Hanomag hat sich die Gaszugfeder ausgehakt, aber das ist schnell behoben. Etwa 10 Km lang ist das Weichsandfeld, dann haben wir es alle gut geschafft.
 


 Der Hanomag nervt durch seine vielen Pannen


 Gemeinsam wird repariert

Die weitere Piste ist recht nervtötend, mit viel Wellblech und tiefen Querrinnen. Immer wieder gibt es Zwangspausen, um den Hanomag wieder zu flicken. Erst reisst eine Stossdämpferhalterung ab, dann klemmt ein Ventil am Luftkompressor, und die Dieselleitung scheuert auch wieder durch. Und auch der WILU zeigt Schwächen. Er springt schlecht an, und verliert vor allen Dingen ziemlich viel Öl!

Am dritten Tag seit unserer Abreise aus Gao kommen wir zur Grenzstation der Republik Mali. Im Polizeigebäude auf einem Hügel geben wir unsere Pässe ab. Dann gehen wir zu dem Brunnen, der einmal sehr geschickt gebaut worden war, aber jetzt total verrottet ist. Wir holen ein Seil und unseren Blecheimer, und holen so mühsam das Wasser herauf aus gut 15 m Tiefe.

Bei 40 Grad im Auto warten wir dann, bis der Zoll auch unser Carnet abgestempelt hat. Noch vor Erreichen des algerischen Grenzpostens von Bordj Moktar übernachten wir in einiger Entfernung von der Piste.

In Bord Moktar fertigt uns die Polizei korrekt und freundlich ab, dann geht es zum Zoll. Hier verlangt man Zwangsumtausch von uns beiden, und zähneknirschend sehen wir unser Geld, DM und Französische Franc, im Panzerschrank verschwinden. Willkommen in Algerien!                     (Route)  
 


 Unser Bambus auf dem Dach ist
 inzwischen getrocknet


  Jeden Mittag machen wir 2-3 Stunden Pause
 

Die weitere Piste ist zunächst mühsam zu fahren, voller Rinnen, Löcher, Felsrippen und Wellblech. Aber im weiteren Verlauf wird sie etwas besser. Der Hanomag wird zu heiss, die Aussentemperatur beträgt 44 Grad! Dann kommen bald die alten Antennentürme von "Bidon V" in Sicht, und 5 Km dahinter rasten wir für die Nacht.                                                        (Route)


 Wir passieren die Reste des Stützpunktes "Bidon V"


Da geht's lang

Nach einem Haferflocken-Frühstück geht die Fahrt um 8.30 Uhr weiter. Jetzt lässt sich die Piste zügig befahren, so wie wir uns die Tanezrouft auch vorgestellt hatten. Unser Motor verliert weiterhin Öl, pro Tag etwa 1 Liter! Ich musste bei Fred schon mehrmals Öl holen, denn meines ist bereits alle.
(Später zu Hause sollte sich zeigen, dass eine Halterung des Ölkühlers abgerissen war, so dass Öl an den Dichtungen vorbei drücken konnte)

Der sechste Tag auf der Tanezrouft-Piste bricht an. Bis nach Reggane sind es noch 220 Km, die wollen wir heute schaffen. Ab und zu gibt es sandige Stellen, aber es lässt sich mit 50-60 Km/h zügig fahren.
 


 Da gibt's nix mehr abzubauen


 Die Oase Reggane kündigt sich an

In Reggane herrscht eine schöne Stimmung. Hier wird gerade das "Tomatenfest" gefeiert, die Leute sind festlich gekleidet und gut gelaunt. Die Suche nach einem Café bringt nichts, alles ist geschlossen. Wir tanken, und kaufen auch einen Vorrat von 24 Liter Motoröl 20W50.

Da es in letzter Zeit öfter zu Verstimmungen mit unseren Begleitern kam, trennen wir uns in Reggane von ihnen. Verschiedene Temperamente und Charaktere unter schwierigen Bedingungen, da kann's schon mal krachen!                                                          (Route)


                  Auf Asphalt wird die Wüste zur Kulisse
 

Auf angenehmem Asphalt fahren wir gemütlich weiter nach Norden, wickeln in Adrar die weiteren Einreiseformalitäten ab, und setzen dann die Fahrt fort nach Timimoun, wo wir am nächsten Tag eintreffen.

In Timimoun machen wir einen Rundgang, fühlen uns durch die Häuser aus rotem Lehm noch einmal an das Stadtbild von Agadez oder Gao erinnert.                        (Route)
 


 Timimoun erinnert an Agadez und Gao
 
 


 Besonders hübsch ist das Hotel
(wo wir nur parken)
 


 Wir sind nicht die Ersten, die hier nach Sandrosen suchen

Dann fahren wir raus in die Sebkha, und suchen in dieser weiten, sandigen Ebene nach Sandrosen. Es ist ganz schön anstrengend, in der Hitze den Sand mit den Fingern zu durchwühlen, jeden Moment auf den grossen Fund gespannt. Aber hier waren schon andere vor uns, und so finden wir nur kleinere Stücke, allerdings recht hübsche.

Noch einmal campieren wir an einer hohen Düne, die wir am nächsten Morgen auch erklettern. Es ist ein Abschied von der Sahara.

Über Béchar fahren wir zu dem Grenzort Beni Ounif, wo wir auf algerischer Seite flott und korrekt abgefertigt werden.                         (Route)

Im Anschluss durchqueren wir den äussersten Osten Marokkos, von Figuig bis nach Oujda, und fahren dann zum spanischen Melilla.

  
 Abschied von den Dünen der Sahara

Dort stehen wir am nächsten Abend in der langen Schlange auf dem Zollhof, ein Haschhund inspiziert die Fahrzeuge. Um 23.00 Uhr geht es an Bord, wir verlassen somit afrikanischen Boden. Wir belegen unsere Kabine, und beobachten dann an Deck die Abfahrt, nehmen Abschied von Afrika. In der Bar trinken wir noch ein Bier, dann gehen wir um 1.00 Uhr in die Koje. Nebenan johlen Soldaten, machen laute Musik, und klatschen dazu.


   Die Küste des spanischen Festlandes kommt in Sicht

Um 6.30 Uhr wird es draussen wieder laut. Man hört Schritte, Türen schlagen. Wir stehen auf und gehen an Deck. Die spanische Küste ist schon in Sicht.                       (Route)

Um 8.20 Uhr legt die Fähre im Hafen von Málaga an. Die Zöllner sind höflich und gründlich, werfen auchwieder einen Blick in die Dachkiste.

Der Haschhund findet auch nichts, so sind wir um 9.00 Uhr fertig. Europa hat uns wieder!


 Es geht zurück nach Europa
 


 Ankunft im Hafen von Malaga
 


                  Ein lang entbehrter Genuss:
                      Gegrillte Flattermänner
 

Vom 8. Mai bis 25. Juni bleiben wir in Südspanien, und verleben hier noch eine schöne Zeit. In den ersten Tagen sind wir völlig verwirrt und erschlagen von dem überreichen Angebot an Waren in den Supermärkten. Wer braucht denn das alles ? Doch lange währt der Schock nicht, und wir erfreuen uns an lange entbehrten Leckereien.

In diesen Wochen beginne ich auch mit Restaurationsarbeiten am WILU. Der lange Aufenthalt in den feuchtheissen Tropen hat viele Spuren in Form von Rostblasen und einigen Durchrostungen an der Karrosserie hinterlassen. Also kaufe ich ein Batterieladegerät und Tafelblech, und gehe beherzt ans Werk.
 

Aus der Tafel fertige ich Reparaturbleche an, die ich dann mit Hilfe zweier in Reihe geschalteter Autobatterien und eines Starthilfekabels mit 2,5-mm-Elektroden punktschweisse. Zu Beginn, wenn die Batterien durch das Laden zuviel Power haben, füge ich noch 5 m eines dünneren Starthilfekabels als Vorwiderstand in den Stromkreis, das klappt prima!

Von hinten sprühe ich Hohlraum-Versiegelung ein, zugängliche Stellen streiche ich mit Rostschutzfarbe.
 

   
                   Ich trenne verrottete Blechteile heraus
 


 Schweissen mit Autobatterien? Klar geht das!
 


 Ein neuer Radausschnitt, handgemacht und   batteriegeschweisst


 

Ein besonderes Erlebnis ist ein Konzert von Mikis Theodorakis, das am 15. Juni in der Stierkampf - Arena von Malaga stattfindet, unter freiem Himmel natürlich. Eine phantastische Atmosphäre, nur der ambulante Getränkeverkäufer mit seinem penetranten "Refrescos! Cerveza! Coca Cola!" stört ziemlich.

Der Canto General wird aufgeführt, unter der Leitung des Meisters Theodorakis persönlich. Es ist die Originalbesetzung, mit Maria Farandouri und Petros Pandis als Solisten.

In dieser einmaligen Kulisse der Arena unter dem Sternenhimmel, verfehlt die kraftvolle Musik ihre faszinierende Wirkung nicht. Ein unvergesslicher Abend!

Am 25 Juni beginnen wir mit der Rückreise in Richtung heimatlicher Gefilde. In drei Tagen fahren wir nach Rosas an der Costa Brava, wo wir weitere zehn Tage Aufenthalt einlegen, bevor es dann durch Frankreich in die Schweiz geht. Wir haben nämlich vor, unsere Reisebegleiter Markus und Erika zu besuchen.

Während wir so durch ein modernes Wohngebiet von Genf fahren, und die Ausfallstrasse suchen, sehen wir doch tatsächlich auf einem Parkplatz vor einem grossen Wohnblock ein Fahrzeug stehen, welches uns sehr bekannt vorkommt: Es ist der alte VW-Bus aus Zimbabwe, den wir am 13.Oktober 82 in El Golea (Algerien) getroffen hatten! Der hatte zwei jungen Schweizern gehört, die offensichtlich hier wohnen. Welch ein aberwitziger Zufall, ausgerechnet dieses Auto hier wiederzusehen!

Spät in der Nacht schliesslich erreichen wir reichlich müde den kleinen Vorort Bern-Stuckishaus. Hier stellen wir uns zum Schlafen in eine ruhige Strasse, in einem reinen Wohnviertel mit Einfamilienhäuschen.

Wir frühstücken gemütlich, während uns die sonntäglich ausstaffierten Eidgenossen so argwöhnisch betrachten, als sei ein UFO in ihrem Vorgarten gelandet. Wir finden dann das Haus von Markus und Erika ohne grosse Schwierigkeiten. Herzliche Begrüssung und Bewirtung, und wir erzählen von unseren Erlebnissen bis spät in die Nacht.

Am nächsten Tag erwartet uns bei Waldshut-Tiengen die Einreise nach Deutschland. Kaum zu glauben, aber der deutsche Grenzer winkt uns einfach durch! Ich hätte aber gerne ein Papier welches bescheinigt, dass wir heute eingereist sind. Wofür? Um später keinen Ärger beim TÜV zu bekommen, denn unsere Plakette ist seit mehr als einem Jahr abgelaufen.

Also halte ich an, gehe zu dem Beamten und trage mein Anliegen vor. Was? Eine Bescheinigung? Und der TÜV seit einem Jahr abgelaufen? Ich bereue schon, überhaupt angehalten zu haben, aber jetzt ist es zu spät, die Sache nimmt ihren Lauf. Also eine Bescheinigung könne er nicht ausstellen, das gäbe es nicht. Er könne höchstens einen Mängelbericht schreiben, wegen der abgelaufenen TÜV-Plakette. Und überhaupt, ohne TÜV? Ist denn das Fahrzeug überhaupt verkehrssicher?

Misstrauisch geht er um unseren WILU herum, schwingt sich auf den Fahrersitz. Er tritt auf die Bremse, das Pedal lässt sich bis auf den Boden durchtreten! Ich weiss, versuche ich ihn zu beschwichtigen, das ist schon seit Mali so. Vorm Bremsen zweimal kurz angetippt, und der Wagen steht wie eine Eins. Das mit dem zweimal Antippen mache ich schon seit Tausenden von Kilometern völlig automatisch. Also, es überzeugt ihn nicht. "Sie müssen das reparieren, oder ich kann sie nicht weiterfahren lassen!"

Also Werkzeug raus! Das Bodenventil am Hauptbremszylinder ist defekt, aber ich habe einen Reparatursatz dabei. Dann ist der Hauptbremszylinder bald wieder montiert, nun noch schnell Bremsflüssigkeit aufgefüllt und die Anlage entlüftet. Die Reparatur ist ein voller Erfolg, und selbst unser wackerer Grenzer hat nichts mehr an der Bremse auszusetzen. Nun denn, willkommen zurück in Deutschland!

Am 13. Juli 1983, nach 572 Tagen und 40.730 strapaziösen Kilometern, rollt der WILU wieder durch die Strassen Wiesbadens.             (Die ganze Reiseroute)
 


Teil 9:
"Niamey, und
Schikanen in Gao"

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