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WILU's Reisen
Die grosse Reise zur Elfenbeinküste
Teil 7
Durch den Regenwald zur Bucht von Grand Béréby
18.1. - 17.2.1983
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Wir haben beschlossen, in Küstennähe weiter nach Westen vorzudringen. Von Abidjan bis nach Dabou fahren wir auf bekannter Landstrasse, dann führt eine Piste entlang der Lagune über Vieux Badien nach Irobo. Die Piste verläuft durch ausgedehnte Kautschukplantagen. Die Rinde der Hevea-Bäume ist spiralförmig
eingeritzt, und unten ist ein Schälchen angebracht, welches den Kautschuksaft auffängt. In solch einer Plantage richten wir uns auf einer Nebenpiste für die Übernachtung ein.
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In einer Kautschukplantage
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Gewinnung des Kautschuksaftes
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Es ist ganz schön hier, fast wie auf einem heimischen Waldweg, aber Moskitos gibt’s in rauen Mengen! Ich habe die ganzen Füsse zerstochen, zähle 70 bis 80 Stiche. Hoffentlich wirkt unsere Malaria-Prophylaxe! Die Füsse jucken ganz entsetzlich, ich muss unentwegt kratzen. Schliesslich spendiert Fred eine Betäubungssalbe, die verschafft mir wenigstens viertelstundenweise etwas Ruhe.
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Stimmung fast wie auf einem deutschen Waldweg
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Achtzig Moskitostiche zähle ich an meinen Füssen
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Die Nacht in dem stickigen Auto wird nicht sehr erholsam. Irgendwann kommen einige Weiber lautstark schwatzend vorbei, versuchen die Tür zu öffnen. Als ich einen "Urschrei" loslasse, rennen sie kichernd davon.
Wir erreichen Irobo, biegen hier ab zum Nationalpark "Parc d’Asagny". Wir fahren aber zu weit und landen in einem Dorf, wo uns eine Kinderschar johlend begrüsst. Also wieder ein Stück zurück, dann geht es auf schöner, lauschiger Piste in den Park. Die Frau des Wächters öffnet gegen ein "Cadeau" von 1.000 CFA die Schranke. Nach weiteren ca. 6 Km schöner Piste, mit einer sehr steilen Stelle, kommen wir
an ein "Campement": 2 Hütten, eine davon ist ein WC, und eine Aussichtsplattform, ebenfalls überdacht. Sehr schön! (Route)
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Das "Campement" im Parc d'Asagny"
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Wir nehmen einen Ananas-Imbiss zu uns, da kommt der Parkwächter angeradelt. Er trinkt eine Tasse Kaffee mit, hat nichts dagegen, dass wir hier übernachten.
Er bietet sogar für morgen einen schönen Ausflug an: Mit dem Boot hinüber auf eine Insel, wo es Elefanten, Panther, und andere Tiere zu sehen gäbe.
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Mit der Dämmerung kommen die seltsamsten Geräusche und Schreie aus dem Urwald ringsum, das ist schon leicht gruselig. Nur schade, dass man die Tiere immer nur hört, aber nie zu sehen bekommt.
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Wir sind gerade mit dem Frühstück fertig, da kommen zwei Autos den engen Weg heruntergerumpelt, ein Pkw und ein Kleinlaster. Auf dem Laster sitzt, etwas verlegen grinsend, unser Parkwächter.
Drei Weisse und zwei Schwarze steigen aus, und wir denken zunächst, unsere Ausflugsgruppe hätte sich vergrössert. Dann aber werden wir von den Typen regelrecht überfallen.
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Dichter Djungel umgibt uns, aus dem geheimnisvolle Schreie dringen
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Wir dürften hier gar nicht sein, wer uns denn reingelassen hätte, etc. Es bricht so richtig über uns herein. Wir erklären die Sachlage, wir fühlen uns im Recht! Als die Wogen sich etwas geglättet haben, erfahren wir, dass der Park für die Öffentlichkeit nicht geöffnet ist.
Unser "Wildhüter" hat praktisch seine Kompetenzen überschritten bzw. seine Stellung für einen kleinen Nebenverdienst ausgenutzt. Man könnte aber für 20.000 CFA pro 3 Personen einen Rundflug über das Gebiet machen, bekäme dann auch Elefanten u.a.m. zu sehen.
Sie besprechen etwas unter sich, der Parkwächter kommt immer mal rüber und bedeutet uns, wir sollten nur warten, bis die abgefahren seien, dann gingen wir auf Ausflug.
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Der Parkwächter, flankiert von Fred und Karin
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So ist es dann auch, nur habe ich heute ein scharfes Stechen im Hüftgelenk, dass ich auf eine Teilnahme verzichte. Früher als erwartet, kommen sie zurück, abgekämpft, und etwas enttäuscht. Nach einer kurzen, wackligen Fahrt mit dem Einbaum stiefelten sie eine Weile durchs Unterholz, sahen eine schwarze Schlange mit rotem Kopf, und zwei grosse Vögel. Von Elefanten gab es nur Spuren zu sehen, wie Kotfladen und
Fusstapfen.
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Der Parkwächter hatte wohl keine rechte Lust, drängelte dauernd zur Rückkehr, die Fahrt zur grossen Insel sei zu weit.
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Tags darauf geht es erst zurück nach Irobo, dann überqueren wir auf einer kostenlosen Fähre den schönen Fluss Bandama.
In der Gegend von Grand Lahou durchqueren wir riesige Kokosplantagen, und suchen uns dann vor Einbruch der Dunkelheit einen Rastplatz in einer Lichtung des Regenwaldes. (Route)
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Auf kostenloser Fähre geht es über den Bandama
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Auch am Boubo steht eine Fähre bereit
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Die Piste ist zwar schmal, aber gut befahrbar
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Am nächsten Tag setzen wir bei Ekradon mit einer kleinen, handbetriebenen und kostenlosen Fähre über den Fluss Boubo. Sehr malerisch. Das verlassene Dorf Mokta el Hadid finden wir zwar nicht, dafür aber schöne tropische Blüten am Wegesrand. Wir fahren mit 40-50 Km/h über schöne, enge, aber gut befahrbare Urwaldpisten. Zwischendurch öffnen sich immer wieder Lichtungen mit Bananen-, Kakao-,
und Kaffeepflanzungen, daneben kleine Dörfer, in denen freundliche Menschen wohnen.
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Tropische Blüten am Rande des Regenwaldes
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Kilometerlang geht es durch Kokosplantagen
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Gegen Abend, in der Nähe von Fresco, kommen wir durch die ausgedehnten Kokosplantagen von "Palmindustrie Fresco". Wir nehmen hier eine Piste, die in Richtung Küste führt, und landen in einem "Centre". Der Weg zum Strand ist durch eine Schranke versperrt, doch auf Anfrage dürfen wir den Privatweg benutzen.
Nach steiler Abfahrt erreichen wir einen Traumstrand, besonders schön, weil wir nicht damit gerechnet hatten. Gleich die Badehose an und ins Wasser! Ein langer Sandstrand, dahinter ein schöner See, umrahmt von dichtem Regenwald. Am Strand stehen Gruppen niedriger Kokospalmen, herrlich! (Route)
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Kleinere Flussläufe werden von Brücken überspannt, die nicht immer Vertrauen einflössen
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Auch die hat gehalten...
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Weiter geht's nach Westen, dabei überqueren wir eine Reihe abenteuerlicher Holzbrücken. Vor Sassandra stossen wir auf eine breite Hauptpiste, werden wieder mal vom "Wellblech" durchgerüttelt. Auf den ersten Blick wirkt das Städtchen Sassandra recht heruntergekommen. Wir tanken nur, und fahren dann auf der sehr schlechten Piste weiter in Richtung Flugfeld.
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Auf teilweise sehr abenteuerlichen Pfaden suchen wir einen Schlafplatz am Strand, den wir auch schliesslich zwischen zwei Dörfern finden.
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Übernachtungsplatz zwischen zwei Dörfern
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Sassandra liegt zwar schön, enttäuscht uns aber
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Da Sassandra nicht hält, was wir uns versprochen hatten, fahren wir weiter. Auf schöner Urwaldpiste erreichen wir nach ca. 65 Km den kleinen Ort Monogaga, der Fred von einem Franzosen in Abidjan empfohlen worden war. (Route)
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So wächst eine Ananas
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Hübscher Bursche, und der sticht wenigsten nicht
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Monogaga sieht wirklich vielversprechend aus: Eine weite Sandbucht, einige Felsen, ringsum Urwald. Wir folgen einem schmalen Pfad, in der Hoffnung, so ans Ende der Bucht zu gelangen, doch der Weg führt nur zu einigen Hütten. Die Einheimischen raten uns, über den Strand bis ans Ende der Bucht zu fahren.
Aber sie trauen es unserem WILU nicht zu. Deshalb kriegen sie vor Staunen grosse Augen, als ich an den Reifen die Luft bis auf 0,5 bar ablasse, und dann problemlos durch den weichen Sand fahre. An einer Stelle wird’s mal kritisch, aber dann stehen wir im Schatten eines grossen Baumes, vor uns liegt die Bucht. Sehr schön!
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Durch die geschützte Lage kann man hier sehr schön baden und schnorcheln, was wir ausgiebig geniessen. Unterwegs eingekaufte Papayas, Ananas und Zitronen verarbeiten wir zu Marmelade, und es ist auch wieder Zeit für grosse Wäsche.
Aber einen Haken hat auch dieses "Paradies", es gibt dicke, fette, hinterhältige Bremsen mit grünen Augen, die uns arg zusetzen.
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Reizvoller Standplatz bei Monogaga, aber die Bremsen...
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So fällt unser Aufenthalt hier mit nur 3 Tagen wesentlich kürzer aus als geplant. Ich glätte einige tiefe Spuren im Sand. Dann geht es wieder mit fast platten Reifen über den Strand, vorbei an staunenden Franzosen. Doch dann rutscht der Wagen etwas weg, und wir hängen fest. Aber mit ein bisschen buddeln und weiterem Luftablassen sind wir ruckzuck aus dem Loch
heraus, und erreichen festen Boden. Allrad á la WILU! So verlassen wir Monogaga, jeder mit über 20 Bremsenstichen am Hintern.
Am Wegesrand erwerben wir für 400 CFA eine ganze Staude mit geschätzten 120 Bananen, und bald darauf erreichen wir die von Norden kommende Asphaltstrasse, die nach San Pedro führt. Zwei Kontrollposten müssen wir überwinden, bis wir das Zentrum erreichen. Der Gang über den Markt ist nicht sehr ergiebig, und so fahren wir weiter zum nur 40 Km entfernten Grand Béréby.
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Grand Béréby sieht nicht gerade einladend aus
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Aber es liegt an einer schönen, geschützten Bucht
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Der Ort besteht im Wesentlichen auch nur aus einer Ansammlung von einfachen Häusern und Wellblechhütten, mit staubigen, unbefestigten Strassen. Aber wir folgen den Hinweisen der Leute, und gelangen so nach 2 Km an eine herrliche Bucht. Wenn es hier keine, oder wenigstens weniger Bremsen gibt, dann sind wir hier am Ziel unserer Wünsche! (Route)
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Sandstrand, Palmen, Wasser 30 Grad, und keine Bremsen. Was wollen wir mehr?
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Wir stehen direkt am Strand, an einer weitgeschwungenen Bucht mit feinem hellem Sand. Hinter uns erhebt sich ein Hügelrücken mit einem schier undurchdringlichen Dschungeldickicht. Eine Landzunge und vorgelagerte Felsen halten die Brandung des offenen Atlantik ab, so dass das Wasser in der Bucht fast völlig ruhig ist, ideal zum Schwimmen und Baden. Am Strand stehen in Abständen einfache Bambushütten, die gemietet
werden können. Im Augenblick sind sie alle leer. Ein herrliches Plätzchen, was wollen wir mehr? Und es gibt tatsächlich (fast) keine Bremsen hier!
Die Zweckbestimmung der Bambushütten am Strand wird am ersten Wochenende klar, als sie sich mit französischen Familien bevölkern, die in San Pedro leben und arbeiten. Am Sonntagabend ist der Spuk aber wieder vorbei.
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Unser Standplatz direkt am Strand
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Die Bambushütten werden an Wochenenden gemietet
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Eines Morgens herrscht grosse Aufregung in der Bucht, viele Einheimische kommen den Strand entlanggelaufen, zeigen raus auf's Wasser. Eine grosse Rückenflosse ist dort zu sehen, ich erkenne, dass es sich um einen Delfin handelt.
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Grosse Aufregung am Strand, ein Delfin ist in der Bucht. Er nähert sich dem Strand auf wenige Meter
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Die Fischer zeigen kein Interesse an dem Tier
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Er versucht mehrere Male, sich dem Land zu nähern, doch die vielen Leute am Strand schrecken ihn wohl ab.
Dann kommt ein Fischerboot um die Felsen gesegelt, sieht aus wie ein Piratenschiff. Sie kommen zwar heran und schauen sich den Delfin an, aber weder fangen noch töten sie ihn.
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Schliesslich verschwindet der Delfin hinter den Felsen in Richtung offenes Meer, und ist nicht mehr zu sehen.
In Grand Béréby gibt es einen Laden, für den der Begriff "Supermarkt" vielleicht etwas bombastisch ist. Jedefalls bekommen wir dort grundlegende Lebensmittel, wie Zucker, Mehl, Nudeln und Reis. Einen Schock bekommen wir allerdings, als man uns die Wasserstelle zeigt. Das ist ein einfaches Loch im Boden von etwa einem Meter Durchmesser, und in gut drei Metern
Tiefe sehen wir eine braune, lehmige Brühe! In Ermangelung einer Alternative nehmen wir also einen Eimer und unser Seil, und füllen so unsere Wassertanks.
Über Kurzwelle hören wir amüsiert Berichte vom deutschen Winterwetter, während wir jetzt, Anfang Februar, Temperaturen von über 30 Grad haben. Auch nachts kühlt es kaum ab, dazu ist es mit 80-90% Luftfeuchte äusserst schwül. So empfinden wir einen nächtlichen Regenschauer als ausgesprochen angenehm, und der nächste Tag präsentiert sich mit klarer, sauberer Luft.
Es ist wieder Wochenende, und die Franzosen bevölkern wieder die Hütten und den Strand. Wir setzen Kaffeewasser auf und gehen schwimmen. Während wir so im Wasser plantschen, verspüre ich plötzlich einen heftigen Schmerz von einem Stich im linken kleinen Zeh! Irgendwas im Sand hat mich gebissen oder gestochen! Ich hebe den Fuss aus dem Wasser, Blut tropft aus einer kleinen Wunde. Wenn das ein Steinfisch war, dessen
Stich tödlich ist...?
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Beunruhigt gehe ich an Land, und setze mich hin. Es sticht und brennt wie bei einem Wespenstich. Es ist sehr beunruhigend und beängstigend, nicht zu wissen, was mich da gestochen hat. War es giftig, sogar lebensgefährlich?
Zwei Einstiche sind zu sehen, darunter schwarze Punkte. Blutergüsse, oder Stückchen von einem Stachel?
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Vielleicht war's einer der Krebse oder 'ne Krabbe ?
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Als gelernter Krankenpfleger will Fred gleich anästhesieren und aufschneiden, dazu kann ich mich nicht entschliessen. Erst mal beruhigen, frühstücken, dann sehen wir weiter. Vielleicht war es ja nur ein Krebs, der mich mit seiner Zange gezwickt hat? Die zwei gegenüberliegenden Einstiche sprechen dafür.
Nach dem Frühstück hat das Brennen nachgelassen, keine Übelkeit, kein Schwindel, keine Lähmungserscheinungen. Ich glaube, meine Überlebenschancen stehen nicht schlecht.
Von einem Ghanesen, den Fred im Buschtaxi kennengelernt hat, kommt die Information, dass die Grenze zu Ghana wieder offen sei. Zwar haben wir im Radio gehört, dass Ghana seine Grenze nach Osten geöffnet hat, um die aus Nigeria zwangsvertriebenen Ghanesen ins Land zu lassen. Es sollen fast 2 Millionen Menschen sein, die mit Flugzeugen, Schiffen, oder in der Mehrzahl einfach zu Fuss durch Benin und Togo nach Ghana zurückkehren
müssen. Nigeria hatte alle illegalen Einwanderer aus Niger, Mali, Tschad, Obervolta und eben Ghana aufgefordert, innerhalb von 14 Tagen das Land zu verlassen! Schweinerei! Aber es scheint mir sehr fraglich, ob deswegen der Grenzverkehr normalisiert ist. Immerhin schöpfen wir eine leise Hoffnung, vielleicht doch noch in dieser Richtung weiterfahren zu können.
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Wir müssen wieder zum Wasserloch, und heute macht es einen besonders
unappetitlichen Eindruck, denn ich muss erst mal einen alten Lappen und einen
toten Frosch herausfischen.
Das versiffte Wasser macht mir Kopfzerbrechen. Der rötliche Schlamm setzt sich zwar mit der Zeit im Tank ab, so dass die Brühe einigermassen klar wird, auch setzen wir reichlich "Micropur" Entkeimungsmittel ein, aber das wirkt nicht gegen alle Mikroorganismen. Zum Beispiel gegen Amöben ist es wirkungslos. Andererseits können wir nicht ständig alles Wasser abkochen, soviel Gas haben wir gar nicht.
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Also trinken wir es so, mit "Todesverachtung und Gottvertrauen", vermischt mit Getränkepulver der Marke "Tang" aus Spanien, oder mit selbst eingekochtem Zitronensirup.
Eine Art Filter mit "Aktivkohle" müsste her! Also stelle ich aus einem kaputten 10-Liter-Kanister einen Wasserfilter her, indem ich Sand verschiedener Korngrösse und Holzkohle schichtweise einfülle. Aber das derart gefilterte Wasser hat hinterher zuviel "Meeresgeschmack", so dass wir diesen Filter letztendlich doch nicht einsetzen.
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